Kuno Windisch

Coach für Einzelpersonen, Paare, Gruppen, Familien, Teams und Organisationen . Experte für Personal- und Organisationsentwicklung und Führungsthemen . Heilpraktiker Psychotherapie . Theaterregisseur

Mach lieber gleich Theater, dann hast du später keines!

Meine Tageszeitung titelt heute angesichts der Missstände beim benachbarten Fußballverein: FC Theater 04. Sorry, aber das ist knapp daneben! Wäre S04 nämlich ein Theater, dann würden seine öffentlichen Auftritte, – mit zur jeweiligen Inszenierung passendem Ensemble ideal besetzt -, wie ein präzise gearbeitetes Uhrwerk ablaufen. Sekundengenau vorbereitete und durchorchestrierte Gesamtleistungen einer Vielzahl von unterschiedlichen Gewerken. Theater, zumal als bühnenreifes Endprodukt, ist nämlich stets Präzision, Konzentration und Disziplin pur.

Besagte Headline soll mir Anlass sein, endlich mal meinem lange schwelenden Bedürfnis nachzukommen, den Begriff ‚Theater‘ ins verdiente Licht zu rücken, der in der deutschen Alltagssprache traditionell leider als Synonym für ‚Chaos‘ missbraucht wird.

‚Mach kein Theater‘, ‚was für ein Theater um … ‚, etc., sind die verbalen Schwurbeleien, die dem Theater tagtäglich widerfahren, wenn es irgendwo Missstände anzuprangern gibt. Dabei leistet das Theater einen enormen analytischen, konstruktiven und dabei unterhaltsamen gesellschaftlichen Beitrag. Als Kunstform, als (individual- oder organisations-) pädagogisches oder therapeutisches Stilmittel, oder auch einfach als anspruchsvolle Freizeitbeschäftigung für begeisterte Laien.

Schade nur, dass die missbräuchliche Verwendung des Begriffs nolens volens das Image des Theaters selbst beschädigt.

Ihr haltet meine Kritik für überzogen oder überempfindlich? Als früherer Regisseur und langjähriger Anbieter von ‚Gebrauchstheater‘ unterschiedlicher Formen und Anwendungsziele im individuellen und / oder institutionellen Kontext (Businesstheater, Coachingtheater, Organisationstheater, Therapietheater) kann ich euch gerne von den Ressentiments berichten, denen ich in den vergangenen Jahren immer wieder begegnet bin. „Aha, Businesstheater!? Ich mach schon mit, aber meinen Namen werd‘ ich nicht tanzen, das versichere ich Ihnen“, „Wieso denn Businesstheater, das haben wir doch eh schon jeden Tag!“, „Ich werde mich aber nicht zum Clown machen auf der Bühne.“ Dies nur als kleine Beispiele. Wie gut, dass sich diese Ängste und Vorurteile in der Praxis in den meisten Fällen auflösen und ins erfolgreiche, ja zumeist begeisterte Gegenteil verkehren. Dann eben, wenn die Teilnehmenden den persönlichen oder institutionellen Nutzen des Theaterspielens erfahren.

Und das soll mit dem missbräuchlichen Gebrauch des Begriffs zu tun haben? Ich bin ganz sicher, ja, hat es! In Italien z.B. ist das zumindest ganz anders. Da genießt jede Form von Theater ein durchweg positives Image.

Aber da setzt auch kaum jemand verbal Theater mit Chaos gleich.

Die richtige Headline in meiner Tageszeitung wäre insofern: FC Chaos 04. Verbunden mit der Anregung:

Macht lieber gleich Theater, dann habt ihr später keines!